Tansania Selbstfahrer-Safari – Ngorongoro
Die Fahrt zur Ngorongoro Conservation Area, kurz NCA, zog sich wahnsinnig. In regelmäßigen Abständen kamen wir an Polizeikontrollen vorbei, bei denen wir glücklicherweise immer durchgewunken wurden. Wir passierten das Gate in die NCA und legten einige hundert Höhenmeter zurück, um den auf 2300m gelegenen Kraterrand zu erreichen. Die NCA ist, wie der Name schon sagt, kein Nationalpark, sondern ein Schutzgebiet. Hier leben viele Massai in ihren Dörfern und Viehherden, die nachts mit ins Dorf kommen und dort Schutz vor Raubtieren finden. Diese gibt es hier natürlich auch, insbesondere im Krater des erloschenen Vulkans Ngorongoro, der ein absolutes Highlight der Gegend ist. In seinem Tal hat sich über viele Jahre ein eigenes Ökosystem der Tierwelt entwickelt, mit tausenden Pflanzenfressern, aber auch der höchsten Raubtierdichte ganz Afrikas.
Für uns sollte es an diesem Tag nur noch zum Public Campsite gehen. Wir wollten ordentlich kochen und diesmal nicht ganz so gestresst das Zelt aufbauen. Dort angekommen suchten wir uns ein schönes Plätzchen und quatschten kurz mit dem Ranger, der dort tagsüber den Campsite gemanagt hat. Er bat uns eindringlich, nicht in das neben dem Campsite gelegene Buschwerk zu gehen – was wir natürlich nicht vor hatten. „Very dangerous, very dangerous!“… seine Hauptsorge waren Elefantenbullen, die sich dort herumtreiben.
Manchmal kommen sie wohl nachts auch ins Camp… wir drückten die Daumen, dass sie das nicht diese Nacht vor hatten. Wie überall in Tansania gibt es keine Zäune um die Campsites, allerdings sind dort, sobald es dunkel wird, bewaffnete Ranger unterwegs.
Ab in den Ngorongoro Krater
Morgens um halb 6 ging der Wecker, wir packten schnell zusammen und fuhren in Richtung Ngorongoro Krater! Selbstfahrer-Safaris sind in Tansania ziemlich ungewöhnlich, daher bekamen wir schon grundsätzlich immer mal skeptische Blicke zugeworfen. Beim Krater war dieser Aspekt nochmal spannender, denn man darf eigentlich nur mit einem Guide dort hinein fahren.
Aber wie so vieles in Afrika wird das nicht ganz so genau genommen. Je nachdem wie selbstsicher man auftritt und wie ausdauernd man diskutieren kann, desto besser sind die Chancen, sein Ziel zu erreichen. In unserem Fall hat am Gate ein selbstsicheres Auftreten in Kombination mit einer kleinen Lüge geholfen: Ob ich schon mal im Krater war? – wollte der Ranger wissen. „Na klar, vor 2 oder 3 Jahren!“. Dazu noch ein wenig Smalltalk und das hier übliche Erkundigen über das Wohlbefinden des Gesprächspartners… Stempel bekommen, wir durften passieren.
Unten angekommen, kreuzten bald die ersten Gnus und Antilopen, Warzenschweine und Strauße unseren Weg. Im Schritttempo kämpften wir uns durch eine große Zebra-Herde und erreichten schließlich einen Hippo-Pool, wo wir die ersten Nilpferde entdeckten. Während wir den Tieren beim Baden und Dösen zuschauten, gab es Müsli und Kaffee zum Frühstück auf unserer „Aussichtsplattform“ – dem Fahrzeugdach. Die nächsten Stunden verbrachten wir weiter damit, den Krater zu erkunden und Tiere aufzuspüren. Das bedeutet, man fährt im Grunde dort hin, wo sich andere Safari Fahrzeuge befinden und hält immer selbst die Augen offen.
Ein klares Highlight war eine Löwin, die grad gemütlich ein Beutetier zerriss und fraß, während Herr Löwe leicht konfus daneben stand und schaute. In nächster Nähe: streundende Füchse und Hyänen, die sich Mäuler leckend auf das ein oder andere Überbleibsel einstimmten. Später konnten wir noch einige Wasserbüffel und Elefanten beobachten, während sich ein anderes Highlight des Ngorongoro leider nicht zeigte: Das Spitzmaulnashorn… 10-15 Stück leben noch im Krater. Die Chance überhaupt eins zu sehen, war dort größer als überall sonst in den Nationalparks.
Ngorongoro Conservation Area
Gegen Mittag verließen wir den Ngorongoro und fuhren weiter auf unserer Route, immer tiefer in die Savanne rein. Für die Nacht hatten wir uns ein Special Campsite am Nasera-Rock gebucht, der noch einige Stunden Fahrt entfernt lag. Ein Special Campsite ist ein einfacher Stellplatz in der freien Natur, auf dem man alleine und ohne Sanitärgebäude usw. übernachten kann. Auf dem Weg dort hin führte es uns stundenlang über schreckliche Rüttelpisten, bis in der Ferne endlich der Nasera-Rock in Erscheinung trat. Dort angekommen, ging das Suchspiel los: Irgendwo um den Rock herum sollte ein Stellplatz sein, aber wo genau wussten wir nicht.
Wir suchten locker eine halbe Stunde, bis es uns zu bunt wurde und wir den Autovermieter kontaktierten. Die Handyverbindung war leider denkbar ungünstig und brach regelmäßig ab, also konnten wir kaum Information aus dem Telefonat mitnehmen. Also ab ins Auto, nochmal ein Stück fahren und sich weiter umschauen… Pustekuchen! Beim Versuch das Auto zu starten, machte der Motor keinen Mucks, nur ein leises elektrisches Surren war zu hören. 10 Versuche später gaben wir auf… das Fahrzeug bekamen wir nicht mehr an.
Autopanne die Erste
Puh! Nach stundenlanger Fahrt, noch ohne passenden Stellplatz und kurz vor Sonnenuntergang standen wir jetzt hier im Nirgendwo. Was war der Grund für den Motor, vielleicht eine leere Batterie? Eigentlich schwer vorstellbar, nachdem wir fast 100km gefahren waren… in jedem Fall sehr unerfreulich, unsere Laune war entsprechend. Wir vermuteten erstmal ein Problem mit der Batterie und wollten versuchen, das Auto durch Rollen zum Starten zu bewegen. Zu unserem Glück waren wir zu diesem Punkt erst eine langgezogene Anhöhe hinaufgefahren, dank der wir zu diese Zeitpunkt eine kleine Chance hatten, unser 2,5 Tonnen Monstrum zum Rollen zu bringen.
Mit ordentlich Schwung ließen wir noch einen tiefen Graben und ein paar kleinere Hindernisse hinter uns, bis wir die Piste erreichten. Ab dann ging es leicht bergab und der Land Rover kam mit einigem Zutun ins Rollen… und Rollen und Rollen. Doch anspringen wollte er trotzdem nicht. Wir fuhren zig Meter, ließen den Kupplung kommen, drehten die Zündung, doch nichts passierte, der Motor blieb tot.
Wir stoppten irgendwie neben der Piste, wollten erstmal das weitere Vorgehen planen und nicht den kompletten Hügel schon ohne Erfolg aufbrauchen, denn erstmal in der Senke angekommen, hätten wir keine Chance mehr gehabt, vorwärts zu kommen. Per SMS versuchten wir unseren Vermieter zu kontaktieren, wobei ich mit dem Handy regelmäßig umher wandern musste, um kurzzeitig den nötigen Empfang zu erhaschen. Vielleicht hätten er oder seine Mechaniker noch Vorschläge was wir versuchen können bevor es dunkel wurde.
Inzwischen war es allerdings schon so spät, dass wir zügig unser Zelt aufbauen und für die Nacht fertig werden mussten. In der Ferne liefen einige Giraffen Richtung Serengeti, die regelmäßig stehen blieben und uns neugierig beobachteten.
Eigentlich eine fantastische Szenerie, die wir aber mit unserer Laune nicht wirklich genießen konnten. Wir holten alles nötige ins Zelt und nach kürzester Zeit war es auch schon stockdunkel.
Eine ungemütliche Nacht
In der Nacht tobte ein Sturm und so offen wie wir in der Savanne standen, boten wir eine fantastische Angriffsfläche für Windböen. Das Auto ruckelte hin und her, der Wind pfiff uns um die Ohren und einige unsere Zeltplanen lösten sich nach und nach, woraufhin sie im Sekundentakt von außen gegen die Zeltwände schlugen.
Wir bekamen kaum ein Auge zu, insbesondere ab dem Zeitpunkt, wo Julia Zweifel aufbrachte, ob unsere miese Handbremse halten würde falls sich der eingelegte Gang bei dem Geschaukel plötzlich lösen wurde. Hmm… recht hatte sie. Wir standen stramm am Berg, hatten nicht eingelenkt und die Handbremse hatte wenn überhaupt nur einen Placebo-Effekt. Doch aus dem Zelt rausgehen und das Ganze korrigieren? Draußen könnte ein Leopard seine Runde drehen (alles schon vorgekommen!), keine so prickelnde Vorstellung.
Wir schätzten die Chance auf einen Leoparden tatsächlich größer ein als einen sich lösenden Gang und blieben daher im Zelt. Geschlafen haben wir in dieser Nacht vielleicht zwei Stunden und als die ersten Sonnenstrahlen unser Zelt berührten, kletterten wir raus.
Nach dem Zusammenräumen wollten wir sofort nochmal unser Glück versuchen, das Auto zu starten. Zurück auf die Piste zu kommen kostete diesmal einiges an Kraft und Zeit. Erst mussten einige größere Steine aus dem Weg geräumt werden und dann lag auch wieder ein tiefer Graben vor uns, den wir erst nach einigen Anläufen überwunden hatten.Zurück auf der Piste kamen wir endlich wieder ins Rollen und auf den letzten Drücker, kurz bevor wir die Senke erreicht hatten, sprang der Motor an. Mit Vollgas, unfassbar erleichtert und ohne Pausen, fuhren wir zurück Richtung Zivilisation.
Fahrzeugtausch – Pest oder Cholera?
Als der Empfang besser wurde, kontaktierten wir unseren Vermieter, dass wir entweder eine Werkstatt aufsuchen oder ein Ersatzfahrzeug brauchten. Auf unserer Route gab es noch weit abgelegenere Gegenden als die der letzten Nacht, dort wollten wir definitiv nicht liegen bleiben. Seine Antwort kam prompt, er empfahl uns, wie geplant weiter zu fahren. Falls wir liegen bleiben, würden wir jetzt ja wissen, wie wir das Fahrzeug wieder zum laufen bekommen. Spätestens jetzt war ich auf 180!, der Vorschlag zeigte eindrucksvoll, dass wir bei der Wahl des Vermieters ordentlich ins Klo gegriffen hatten.
Nach 70km erreichten wir eine kleine Siedlung mit Handyempfang. Noch einmal versuchten wir, den Motor neu zu starten, um somit eine leere Batterie ausschließen zu können. Doch auch hier tat sich nichts, das Problem war das gleiche wie am Morgen. Erneut kontaktierten wir den Vermieter und vereinbarten ein Treffen mit seinen Mechanikern sowie einem möglichen Austauschfahrzeug am Eingang der Ngorongoro Conservation Area – hatten also nochmal eine stundenlange Rückfahrt in die falsche Richtung der geplanten Route vor uns. Mit einem Massai und einem Safari-Guide konnten wir unser Fahrzeug mittels Schieben starten und fuhren ohne Pause zum Gate zurück.
Am Gate angekommen, trafen wir dann endlich die Mechaniker, die wir schon von der Fahrzeugübernahme kannten. Einer machte sich gleich an die Fahrzeug-Reparatur, während der andere eher unser Verhandlungspartner für das weitere Vorgehen war. Mein Eindruck der ganzen Geschichte war, dass „Bernd“, also der Chef des Unternehmens, uns offenbar die letzte Dreckskarre aus der Fahrzeugflotte angedreht hatte. Der Mechaniker musste ein Loch im Kühlwasserschlauch fixen, den Ölkreislauf reparieren und einiges an der Elektronik tun. Das alles kam zusätzlich zu den Problemen mit der Bremsen und all den kleineren Macken, die wir mit dem Fahrzeug hatten.
Die Ursache des nicht mehr Startens war dann auch gefunden: ein kleines Kabel unter dem Motorblock war aus einer Steckverbindung herausgerutscht. Wir bestanden darauf, das Fahrzeug zu tauschen und bekamen als Ersatz ein neueres Modell, welches wir nach ewigem Hin und Her und endlosen Telefonaten mit „Bernd” von den Mechanikern übernehmen konnten. Mit 120 zusätzlichen PS und funktionierenden Bremsen, dafür mit Boden- statt Dachzelt und mit einer Autobatterie weniger, machten wir uns jetzt mit einem etwas besseren Gefühl auf den Weg, zurück in die Tiefen der Ngorongoro Conservation Area. Auf den ersten Blick schien es, als hätten wir einen guten Tausch gemacht!
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