22. – 23. Juli 2012
Der Plan ist heute nach Reine zu trampen und den anliegenden Berg Reinebringen zu besteigen. Nochmal kurz Reis-Mandarine-Thunfisch-Pfanne gegessen, abgebaut und ab zur Straße. Als nach 1,5 Stunden warten aber immer noch keiner Interesse zeigt mich mitzunehmen, geh ich am Campingplatz nochmal kurz Wasser holen und nehme dann für 69NOK den Bus. In Reine angekommen ist der Himmel zwar wolkig aber scheinbar okay für ein paar Fotos. Da meine Wanderkarte keinen Weg auf den Reinebringen kennt, ich aber weiß dass es einen gibt, gehe ich einfach mal dem Gefühl nach von Reine Richtung Süden die E10 entlang und finde auch bald einen Einstieg, mit großen weißen Pfeilen markiert. Eine total fertige Schulklasse aus Frankreich sitzt unten am Eingang und hat’s offensichtlich schon hinter sich, im Gegensatz zu mir aber ohne Trekkinggepäck. Ich habe noch die Hoffnung irgendwo am Aufstieg ein Plätzchen finden zu können um mein Zelt aufzustellen und die restlichen Sachen dort zu lassen. Pustekuchen. Ich finde zwar keinen Platz für mein Zelt, aber nach rund 40 Minuten bin ich oben und war damit deutlich schneller als erwartet (Leute im Gästebuch am Campingplatz sprachen von 1,5 Stunden). Der Ausblick ist super! Inzwischen hat sich der Himmel etwas beruhigt, die Sonne kommt durch und ich kann einige Fotos machen und ein Video für die Nachwelt. Obwohl von Westen eine Menge Wolken zu kommen scheinen, beschließe ich mein Zelt aufzubauen und den Sonnenuntergang sowie –Aufgang abzuwarten um meine Bilder etwas vom Postkartenstandard abzuheben. Ich laufe den Bergkamm hoch und finde zwei mögliche Plätze, leider ist keiner davon auch nur annährend Windgeschützt. Ich baue mein Zelt auf, sicher die Abspannleinen noch mit ein paar Steinen und esse was, während ich beobachte wie die Wolken von Westen her in die Berge und die Fjorde reinziehen. Nach ein paar letzten Fotos erreicht die Sichtweite praktisch nur noch zwei Meter, woraufhin ich beschließen muss meinen Wecker im Stundentakt zu stellen und erst mal schlafen zu gehen.
Während der Nacht ändert sich nichts, es bleibt nebelig, mal mehr und mal weniger, dafür nimmt der Wind deutlich zu (das Zelt kann dann schon mal laut werden muss ich sagen). Egal, ich schlafe weiter bis morgens gegen 9. Der Wind ist inzwischen sehr viel stärker geworden und dazu regnet es jetzt auch noch. Da ich draußen in kürzester Zeit wieder komplett nass wäre bleibe ich im Zelt um zu sehen wie sich die Sache entwickelt – ein Fehler. Innerhalb der nächsten Stunde nimmt der Wind, der von Meeresseite über den Bergkamm mit meinem Zelt Richtung Fjord bläst, sehr an Stärke zu und verformt mein Zelt bis zur Unkenntlichkeit und weit über meine persönliche Schmerzgrenze an Vertrauen in das Zelt hinaus. Nachdem ich bis vor kurzem noch hin und wieder gefilmt habe, wird es mir jetzt doch zu wild und während ich meinen Schlafsack zusammenrolle, meine ISO Matte komprimiere und meinen Rucksack schnellstmöglich vollstopfe stabilisiere ich immer wieder die sich eindrückende Seite vom Zelt mit meinem Rücken um brechendes Gestänge oder rausreißende Heringe zu vermeiden.
Während ich zusammenpacke wird der Wind zu einem richtigen Sturm und ich muss mehr und mehr Körpereinsatz aufbringen um das Zelt mit inzwischen beiden Armen und Beinen zu stabilisieren. Das Zelt löst sich an zwei Heringen die ich von innen aber wieder einhängen kann, meine Arme und Schultern schmerzen vom Druck gegen die Zeltwände. Während dieser Situation, die ich als durchaus unangenehm einstufe, habe ich zwischen den nun sehr heftigen Sturmböen immer nur wenige Sekunden Zeit um ein Stück meiner Schuhe zu binden bevor mein Zelt praktisch wieder komplett zusammengedrückt wird und nur noch durch mich ein gewisses Innenvolumen aufweist. Da ich keine Erfahrungen habe was das Zelt aushält gehen mir nun zwei Optionen durch den Kopf: Ich gebe das Zelt auf und gehe 2m die andere Seite am Bergkamm herunter um dort zumindest vor dem Sturm geschützt zu sein und nicht mit Zelt als Windfang den Weg bis Reine runtergeweht zu werden. Oder aber ich versuche das Zelt abzubauen und zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt den Rückweg anzutreten.
Ich entscheide mich für Option zwei, springe in einer kurzen Windpause aus dem Zelt und fange an abzubauen. Ich stelle fest, dass die Steine die ich zur Stabilisation in die Abspannleinen gepackt habe, inzwischen weg sind und mein Zelt quasi im Schlamm steht. Auch wenn ich nach einer halben Minute draußen bereits komplett nass bin, ist der Abbau machbar. Ich stelle fest, dass sich der Zeltsack sowie der Heringssack verabschiedet haben und ihren Weg nicht mehr zurück zum Zelt finden werden. Macht nichts, noch schnell alles in den Rucksack und sehr vorsichtig den nassen, schlammigen Weg am Bergkamm runter in Richtung erster Ausblickpunkt. Von dort aus im strömenden Regen den Abstieg zur Straße runter, wo der Weg inzwischen nur noch ein Schlammbach ist.
Schadlos aber entsprechend durchgeweicht komme ich schließlich unten an und mache mich auf den Weg Richtung Reine, wo man am Dorfanfang auf der rechten Seite in der Nähe eines Leuchtturms Zeltmöglichkeiten hat. Dort finde ich einen Hölzernen Unterstand der auf einer Seite geöffnet ist mit Sitzmöglichkeiten. Leider hat das Dach Löcher und es ist auch hier alles nass, also möchte ich mein Zelt aufbauen, denn es schüttet noch immer. Im Zelt sehe ich das Resultat meines Abenteuers: Schlafsack nass, Schlafmatte nass, Klamotten nass, alles nass. Der Wind hat das Regenwasser zwischen Regenhülle und Rucksack geblasen, dort hat es sich unten gesammelt und ist in den Rucksack reingezogen. Year! Wer braucht schon wasserdichte Komprimierungssäcke…
Ich versuche mich im Schlafsack aufzuwärmen. Habe aber zu allem Überfluss kein brauchbares Wasser mehr und somit wenig zu essen und zu trinken. Da bei dem Wetter und im Zelt meine Sachen niemals trocknen würden, beschließe ich kurzerhand wieder abzubauen und mich auf den Weg zurück zum Campingplatz zu machen, natürlich mit dem Bus. Als ich eine gute Stunde später dort ankomme buche ich 3 Nächte Zeltplatz und 2 Chips für den Trockner und gönne mir eine doppelte Dusche. Der Trockner hat irgendwann das meiste ausreichend trocken bekommen, also lege ich mich in den Sack, lese noch und schlafe ein.
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